Sureste Tango Trio
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Tangogeschichte

        Tango ist nicht nur Musik, Tanz oder kulturelle Tradition, sondern eine Bewegung, die Menschen in Europa und Japan mit denen Lateinamerikas, vor allem Argentiniens und Uruguays, verbindet.
     Er ist wie eine große Emotion, eine Sehnsucht, die nicht zielgerichtet ist, sich nicht fassen läßt. Das gilt für den klassischen Tango ebenso wie für den Tango Nuevo des Komponisten Astor Piazzolla (1921 bis 1992), der seit Beginn der 90er Jahre wie eine Welle von Kontinent zu Kontinent schwappt und in Konzertsälen so wie unter Musikern für Euphorie sorgt. Obwohl kein Mensch zu dieser Musik tanzen kann, hat Astor Piazolla zumindest in Europa wohl mehr Menschen vom Tango überzeugt als alle anderen Interpreten zusammen.
Tanzpaar 1      Mit seinem Quinteto Nuevo Tango befreite er die Musik von ihrem Schellackgeruch und verfeinerte sie zum gehobenen Kunstgenuß. Er machte die Weiter entwicklung des Tangos möglich und lotete seine Chancen in der E-Musik aus. Außerdem schlug er eine Brücke zum Jazz, indem er mit Musikern wie Gil Evans, Gary Mulligan und Gary Burton spielte. Auch klassische Elemente ließ der eigenwillige Perfektionist einfließen und nahm dem Tango auf diese Weise den Kitsch, bzw. das plüschige Image. Die Musik wurde transparenter, aufgelockerter, experimenteller. Neue rhythmische Elemente reizten zu Improvisationen. Noch immer verbinden die Menschen kühle Erotik, flammende Leidenschaft und eine Zeremonie zu zweit mit der Musik und diesem Tanz.
     Vor 150 Jahren spielten Argentinier und europäische Emigranten eine Musik, die zum Träger ihrer Geschichte wurde. Bei der Entstehung des Tangos waren neben dem prägenden Einfluß der italienischen Einwanderer auch osteuropäische Quellen von Bedeutung: Buenos Aires war die "Endstation" des großen Auswanderungsstromes aus Europa. Eine Million Einwohner hatte die Stadt schon vor dem Ersten Weltkrieg, und über die Hälfte waren Ausländer; überwiegend Männer, die im Umkreis der Schlachthöfe und Gerbereien, Lagerhäuser und Getreidesolos, Kühlanlagen und Gaswerke lebten.
     Frauen wurden gebraucht; nicht die französischen Lebedamen für die Nobelpuffs, sondern "Massenware". Und die kam überwiegend aus dem armen Osteuropa. Das Zuhältersyndicat Zwy Migdal tarnte sich als jüdischer Hilfsverein; in falschen Synagogen trauten falsche Rabbiner unzählige Mädchen mit notorischen Zuhältern. An diesen besonders von der Unterwelt frequentierten Plätzen wurde der Tango geboren. Diese osteuropäische Komponente bereicherte den lateinamerikanischen Tango um die Nuancen der Schwermut, des abgründigen Pessimismusses und des bitteren Spaßes an der Dissonanz. Der Tango diente zur Unterhaltung, entstand als Subkultur und damit Abgrenzung zu höheren Gesellschaftsschichten und verlieh dem trotzigem Selbstbewußtsein der Unterprivilegierten Ausdruck. Die Musik wurde zu ihrer eigenen Sprache, erzählte von den Enttäuschungen der Menschen, ihrem Glück und ihren Rosenkriegen.
     1870 brachten deutsche Einwanderer erstmals ein Bandeon mit, und der Tango hatte plötzlich sein Instrument. Die Musiker zogen sich in ihre Cafés zurück, spielten in Hinterzimmern und geschlossenen Zirkeln. Später sah man Tangoorchester immer häufiger in renommierten Kaffeehäusern, sie untermalten Stummfilme und begleiteten Tanzrevuen. Der Tanz indes hatte es schwerer, das Kneipen-Exil zu verlassen. Der mit Mitteln der Körpersprache ausgedrückten entfesselten Lust und der offen zur Schau getragenen Sexualität begegnete man zunächst mit Skepsis und moralischen Bedenken. Dabei ist die Sinnlichkeit lediglich angedeutet, ausgelebt wird sie woanders. Das kontrollierte Verlangen wird zu einem Spiel um körperliche und geistige Macht. Die fast geometrischen Formen der Bewegung zeugen von Körperbeherrschung und Temperament, Lebensfreude und Spaß an der Liebe.
     Die Tangomusik hatte gerade Europa in Schwingungen versetzt, da wurde sie auch schon wieder verdrängt. Der Tango reduzierte sich auf den Gesellschaftstanz und lieferte sich damit der Lächerlichkeit aus. Erst jetzt, in den 90er Jahren, erlebt er seine Wiedergeburt, sowohl in der klassischen Form als auch als Tango Nuevo. Die Rückbesinnung auf seinen Ursprung geht einher mit der Erkenntnis, daß der Tanz allein das Phänomen Tango nie erklären kann. Es ist die Musik, die die Geschichten erzählt.